238
nicht, wie er die Menge der Auszeichnungen der Art, die er schon
habe, neben einander ordnen solle."
Jedoch ist auch nicht zu leugnen, daß Potemkin sich manche
Verdienste um Rußland erwarb, indem er die großartigen Be-
strebungen seiner Kaiserin zur Beförderung der Kultur des Landes
kräftig unterstützte. Unter ihrer Regierung wurden niele Städte,
Kanäle und Erziehungsanstalten angelegt, öde Wüsten in frucht-
bares Erdreich umgeschaffen, der Handel begünstigt, die Gesetz-
gebung verbessert und manche Mißbrauche in d-r Staatsverwaltung
abqeschafft. Ganz Rußland fühlte den Segen ihrer Regierung
und näherte sich mit starken Schritten der Kultur der übrigen
europäischen Völker. Wir werden unten, bei der Erzählung des
Unterganges des polnischen Reiches, noch einmal auf diese Kaiserin
zurückkommen müssen.
58. Gustav Iil, König von Schweden.
177 1 — 1792.
In demselben Maße, in welchem Rußland aus seiner frühe-
ren Dunkelheit sich hinausschwang, sank Schweden von seiner
früheren Höhe hinab. Dieses war durch seine vielen Kriege, be-
sonders unter Karl Xii., ganz erschöpft, und das Volk der will-
kürlichen Gewalt seiner Könige überdrüssig geworden. Daher
entwarfen die Reichsstände, welche aus den Abgeordneten des
Adels, der Geistlichkeit, des Bürger- und Bauernstandes bestan-
den, sogleich nach Karl's Tode eine neue Verfassung, durch welche
die königliche Gewalt so sehr beschränkt wurde, daß der König
fast nichts mehr zu sagen hatte. Sie entschieden über Krieg und
Frieden, sie gaben die Gesetze und bestimmten die Abgaben, der
König mußte bloß unterschreiben. Thal er es nicht, so wurde
sein in einen Stempel geschnitteter Name den Beschlüssen beige-
druckt, und diese hatten alsdann dieselbe Gültigkeit, als wenn sie
wirklich von ihm waren unterzeichnet geworden. Neben den
Reichsständen gab es auch noch einen Reichsrath, der aus lauter
ehrgeizigen Edelleuten bestand. Dieser Reichsrath übte eigentlich
TM Hauptwörter (50): [T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T26: [Recht König Stadt Staat Bauer Gesetz Beamter Adel Land Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Gustav_Iil Gustav Karl_Xii Karl
— 4ö —
stehende russische Front zurückzudrängen. Das war um so schwieriger, als die russische Stellung durch zahlreiche Festungen geschützt war. Die größte derselben ist W a r -schau, die Hauptstadt von Polen. Von Süden, Westen und Norden her drangen die Verbündeten gegen die Russen vor. Wohl wehrten sich diese hartnäckig, so daß es zu vielen heißen Kämpfen kam, aber sie wurden überall besiegt. Es blieb ihnen deshalb nichts anders übrig, als sich immer weiter nach Osten in das Innere ihres Reiches zurückzuziehen. Die Festungen boten ihnen auch keinen Halt mehr. In kurzer Zeit fielen sie den Verbündeten in die Hände. Hart verfolgt und bedrängt, fanden die zurückgehenden Russen kaum noch Zeit und Gelegenheit, sich irgendwo festzusetzen. Bei diesem Rückzüge haben sie viel Kriegsmaterial und Tausende von Gefangenen verloren. Sie haben Städte und Dörfer in Brand gesteckt, die unglücklichen Bewohner in das Innere Rußlands verschleppt und die Ernte auf den Feldern vernichtet. So wollten sie den nachrückenden Verfolgern nur eine Wüste hinterlassen. Doch nichts konnte den Siegeszug der deutschen und österreichischen Armeen aufhalten, und so rückten diese immer tiefer nach Rußland hinein, um durch neue Siege und Erfolge den Ausgang des fürchterlichen Krieges zu beschleunigen.
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200
Sechste Abtheilung.
und Friedrich Wilhelm imnov. 18iti zu Achen erfolgte der
Rückzug der De^atzungsormee aus Fr nkreich, das man
für beruhigt hielt, und das man in den Bund der Mächte
Rußland, Preußen, England und Oesterreich aufnahm.
Den Völkern wurde Hoffnung zu einem lange dauernden
Frieden geschenkt.
S ch l u ß.
2c)7 Deutschland! liebes Var-rland! Gott hat Dir deck
G..ten viel, Deinem Boden reiche Gaben, Deinen Bewoh-
nern herrliche K-äfte gegeben. Deine Berge und Thäler,
Acckermnd Wiesen, Gärten und Wälder, Quellen und Bä-
che, Flüsse und Seen liefern in Menge, was Du bedarfst!
was in der einen Gegend mangelt, das kann ihr die andre
durch Tausch und Handel mittheilen; ja, wenn Du Deine
Güter nicht verschwendest; so bleibt Dir selbst noch übrig,
daß Du von den Erzeugnissen des Auslandes, selbst andrer
Erdtheile, das dafür haben kannst, was Du ungern ent-
behrst, oder auch nicht wohl entbehren kannst. Deine vie-
len schönen, großen und kleinen Städte und Dörfer mit
ihren Pallästcn und trefflichen Gebäuden, mit ihren Kir-
chen und Schulen, Fabriken, Manufakturen und mannig-
faltigen nützlichen Einrichtungen und Anstalten: Deine vie-
len Gelehrten, Künstler, Kaufleute, Handwerker, Land-
leute, die in Thätigkeit, Erfindungen, Endcckungen und
Verbesserungen mit einander wetteifern, alles sagt uns:
Gott hat sich auch gegen unser Vaterland nicht unbezeugt
gelaff n, er hat uns viel Gutes gethan.
Aber oft kam Schmach undschande, Jammer und Un-
glück über Dich durch innere Zwietracht, daß Deine Söhne
unter einander wieder sich selbst wütheten, und nicht der auf-
lauernden gfäbrlichen Nachbarn achteten, die den Zwiespalt
näheren und für sich nützten. Der Sachse bot nicht dem
Deutschen Rheinländer, der Tyroler nicht dem Hannovera-
ner, der Braudeirburger nicht dem Badner beym ersten Noth-
scbust die hülfreicke Hand. Wir waren einander fremd!
Und >vo Neid und Zank ist, da ist Unordnung und eitel bö-
ses Ding. Wä>e von den zc> Millionen Deiner Bewohner
immer der sechzigste bereit und geschickt gewesen zum Kampfe,
und hatte tüchtig mit losgeschlagen, wenn der Deutsche
Bruder, mochte er an der Ems oder an der Donau, ander
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T38: [Boden Wald Land Wiese Wasser Berg Fluß Feld See Dorf], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: England Oesterreich Deutschland Deutschen_Rheinländer Donau
65
Vi.
Grobritannien. Emancipation der Katholiken (1829).
Grobritannien hatte den Kampf gegen die franzsische Republik und das Kaiserreich mit geringer Unterbrechung fast einundzwanzig Jahre mit einer Kraft und Ausdauer gefhrt, wie kein anderer Staat Europa's. Nicht allein durch die englischen Waffen, sondern au* durch englisches Gold waren die Franzosen während dieses Zeitraums berall, zu Wasser und zu Lande, wo nur irgend ein Angriff oder Vertheidigung geboten ward, bekmpft worden. Wie aber England in diesem Kampfe die grte moralische und kriegerische Kraft entwickelt hatte, so mute es natrlich auch von allen Staaten aus Napoleons Sturz die grten Vortheile ziehen. Die Rckkehr Hannovers unter die englische Krone sicherte ihm eine festere Stellung in Deutschland; die ihm verliehene Schutzherrschaft der die jonischen Inseln gewhrte ein Bollwerk im mittelln-dischen Meere, wie die von Dnemark abgetretene Insel Helgo-land in der Nordsee. Durch Kanada, die Inseln im Gols von Mexiko und den Antheil an Guyana bte England einen Einflu auf den ganzen kontinent von Amerika aus. Durch Vertrge und Eroberungen hatte es sein Reich in Westindien erweitert, und in der Sdsee eine Menge fester Punkte besetzt. So war die Erde mit einem Netze englischer Niederlassungen umspannt, die alle in dem Mutterlande, in der unabhngigen Lage Englands und Irlands, einen unerschtterlichen Mittel-Punkt hatten. Wie England während der Napoleonischen Gewaltherrschaft in seiner Unberwindlichkeit die einzige Hoff-nung fr die Unabhngigkeit der Völker gewesen, so hatten seine Verfassung, seine politischen und rechtlichen Institutionen schon lngst als Musterbilder einer liberalen Gestaltung des Continents geglnzt- Aber ungeachtet des Reichthums und der ueren Macht, ungeachtet der Freiheit der Verfassung, die jedem Staatsbrger fast vollkommene Gleichheit vor dem Gesetze gewhrte, fehlte es doch im englischen Staatsleben auch nicht an bedenklichen Schattenseiten.
Eilt tiefgreifender Uebelstand lag in dem schroffen Unter-schiede des Vermgens und der Bildung der einzelnen Schich-
Stacke, neueste Geschichte. 3. Aufl. 5
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Dnemark
Extrahierte Ortsnamen: England Napoleons Hannovers Deutschland Nordsee Kanada Gols Mexiko Guyana England Amerika Westindien Sdsee Englands Irlands England
-4
i
48 Neueste Geschichte. 1. Periode. Frankreich
/ ' v
Den ganzen Tag brachte er unthätig zu, und kam Jemand in
sein Gefängniß und fragte ihn etwas, so schwieg er, weil er für
nichts mehr Interesse hatte. Der arme Knabe! — Nach Robes-
pierre's Sturz wurde er zwar besser behandelt; aber das Uebel
war schon zu sehr eingerissen. Er bekam ein schleichendes Fieber
und starb, den 9. Juni, erst 10 Jahre alt. Nach seinem Tode
blieb seine Schwester, die nachmalige Herzogin von Angouleme,
noch ein halbes Jahr lang im Tempel; dann, gerade 17 Jahre
alt, wurde sie gegen einige von den Oestreichern gefangene Fran-
zosen ausgewechselt und war nun froh, ein Land zu verlassen,
wo ihre theuern Verwandten hatten bluten müssen.
Im Felde hatten die Franzosen mit großem Glücke gefoch-
ten. Junge, kühne, talentvolle Generale führten sie von Siege
zu Siege. Einer unter ihnen, Pichegru, wandte sich gegen die
Niederlande. Im raschen Siegesläufe dringt er bis an die Arme
des Rheins vor, die unter verschiedenen Namen sein Wasser ins
Meer führen. Hier halten ihn die Fluthen der Ströme und der
künstlichen Ueberschwemmungen auf, und schon glaubt er wieder
umkehren zu müssen, als ein plötzlich eintretender heftiger Frost
das Wasser erstarren macht. Ungehindert geht er nun über die
harte Eisrinde und hat in wenigen Tagen ganz Holland inne.
Das geschah im Winter von 1794—95. Die Holländer, schon
vorher zum Theil Feinde des oranischen Hauses, nehmen die
Franzosen mit offenen Armen auf, werden von ihnen als Brüder
begrüßt und die bisher vereinigten Niederlande unter dem Na-
men Batavien zu einer unabhängigen Republik nach französi-
schem Muster erklärt; aber zugleich bitten sich die neuen Brüder
von ihren holländischen Freunden 100 Millionen Gulden zur Er-
stattung der Kriegskosten aus. Wie mancher wünschte nun wie-
der die vorige milde Regierung des Erbstatthalters zurück! Aber
dieser war bereits mit seinem Sohne (dem 1840 abgegangenen und
1843 gestorbenen Könige der Niederlande) nach England geflüchtet.
Biele der europäischen Fürsten hatten den Krieg gegen Frank-
reich nur unternommen, in der Hoffnung, den damals noch leben-
den König zu retten und der Ausbreitung jacobinischer Grund-
sätze ein Ziel zu setzen. Jetzt war aber der König todt und die
Jacobiner gestürzt. Ueberdies waren die Fürsten des Krieges
herzlich überdrüßig und es herrschte unter ihnen viele Uneinig-
ffit. Daher suchte einer nach dem andern sich vom Kriegsschau-
plätze fvegzuschleichen. Zuerst gingen der Großherzog von Tos-
rt1'
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Extrahierte Personennamen: Pichegru
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Niederlande Rheins Holland Niederlande England Frank-
2^6 Achte Periode.
Würde zu Gunsten seines ältesten Sohnes, Napoleon Lud-
wig, der am 3 Marz izoy zum Großherzoge von Berg
ernannt worden war, und dessen nachgebohrnen Bruders,
Karl Ludwig Napoleon, resignirte, und seine (damals
in den Badern zu Plombieres sich befindende) Gemahlin zur
Reg ent in, mit Zuziehung eines Rcgentschaftsrathes. ernann-
te. Er selbst verließ Holland im strengsten Incogntto, und
ging Anfangs in das Bad zu Töplitz, worauf er sich zu
Grätz in Oestreich ankaufte und niederließ. Am 4 Iuly
besetzte Oudinot die Hauptstadt Amsterdam, und am 9iuly
decretirte Napoleon die Vereinigung Hollands nñt
Frankreich. In einem Berichte des Ministers Champagny
von demselben Tage an den Kaiser wurden die Gründe dieser
Vereinigung motivirt, indem die Entfagungsacte des Königs
und seine Verfügung über den holländischen Thron ohne
Genehmigung des Kaisers keine Gültigkeit haben könne, und,
durch die Vereinigung Hollands mit Frankreich, die Marine
desselben einen neuen Zuwachs gewinne und Englands See-
despotismus mächtig bedroht werde. Lebrun, der Herzog
von Piacenza, erschien (14 Iuly) im Namen des Kaisers zu
Amsterdam. Er lósete den Regentschaftsrath auf, und orga-
nisirte eine provisorische Regierung in Holland, bis dasselbe
definitiv mit Frankreich vereinigt und in neue Departements
eingetheilt seyn würde. Amsterdam ward (nächst Paris
und Rom) zur dritten Stadt des Reiches erklärt. Aus Hol-
land sollten 6 Senatoren, 6 Deputirte beim Staatsrathe, 25
Deputirte beim gesetzgebenden Corps und 2 Richter beim Kas-
sationshofe gewählt werden. Die holländische Nationalschuld
von 85—90 Mill. Gulden (ein Vierthcil mehr als die Schuld
des ganzen französischen Reiches) ward auf ein Drit-
rheil herabgesetzt, und (13 Dec. 1810) ein Generalgou-
vernement in Holland, so wie in Italien und in Toskana,
, errichtet. Die Apanage des Königs Ludwig ward, in seiner
Eigenschaft eines französischen Prinzen, auf eine jährliche
Revenüe von 2 Mill. Franken gesetzt, und halb auf Wälder und
Domainen im ehemaligen Holland, halb auf den öffentlichen
Schatz angewiesen. Da übrigens der älteste Sohn des gewe-
senen Königs durch das Großherzogthum Berg für seine Aus-
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Karl_Ludwig_Napoleon Karl Ludwig Napoleon Napoleon Lebrun Ludwig
Extrahierte Ortsnamen: Berg Holland Oestreich Amsterdam Hollands Frankreich Hollands Frankreich Englands Piacenza Amsterdam Holland Frankreich Amsterdam Paris Rom Holland Italien Toskana Königs_Ludwig Holland Großherzogthum_Berg
T
Kampf der Deutschen für ihre und Europas Frei heit. 641
poleon aus Rücksicht auf Dänemark dieses Land nicht
hatte geben wollen, so hielt er zu der Allianz,- keines-
wegs aber zu ihren Zwecken; denn er sah voraus, daß
der Fall Napoleons dem Kaiser von Rußland, Schwe-
dens gefährlichstem Nachbar, das Uebcrgewicht auf dem
Continent verschaffen müsse; er that also, was er.konnte,
damit blos ein mittleres Resultat erzielt, Napoleon zwar
in gewisse Schranken zurückgewiescn, nicht aber gestürzt
werde; er sah es gerne, wenn Rußland und Prcussen in
langem Kampfe gleichfalls sich verbluteten, schonte seine
eignen Truppcn-bei jeder Gelegenheit, gieng überaus
saumselig und lau zu Werke, und hatte trotz der Siege
bei Grvßbccren und Denuewitz den Marsch aufs linke
Elbeufer immer noch nicht begonnen. Eben hiezu sollte
er durch Blücher vermocht werden, er, der gcmeßne,
feine Weltmann, durch den brausenden, barschen Hau-
degen, der nicht einmal französisch verstand. Gleichwohl
machte sich Dieser guten Muths an die kitzliche Aufgabe,
und der Erfolg hat gelehrt, daß ächte Vaterlandsliebe
auch durch die Jrrgänge der Diplomatie ihren geraden
Weg zu finden wisse. Sobald Napoleon von Blüche'e
abgelassen hatte, und Benningsen den 25. in Zittau cin-
tras, eilte der Preussengeueral unter Gefechten, welche
seinen Zweck verhüllten, am rechten Elbufcr hinab, üben-
schritt am 3. Okr. bei Jessen unweit Wittenbergs den
Strom, jagte die Franzosen unter Bertrand, welcher
eine Abtheilung Neys befehligte, mit dem Bajonett aus
ihrer festen Stellung bei Wartenburg, und schrieb dem
Kronprinzen, daß er gehandelt habe. Ehrenhalber konnte
nun auch Bernadotte nicht umhin, den 4. bei Acken und
Roslau auf das linke Ufer des Stroms zu gehen. Den
6. Okt. standen die schlesische und die Nordarm ee ver-
einigt an der Mulde. Kaum hatte Napoleon dieß er-
fahren, so wälzte er, während Murat gegen Schwarzen-
berg zurückblieb, große Hcermassen über Meissen und
Leipzig bis nach Düben. Blücher wollte ihm Stand hal-
ten, gab aber dem Kronprinzen nach, und setzte mit
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Extrahierte Personennamen: Napoleons Napoleon Napoleon Jessen Bertrand Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Europas Zittau Wartenburg Meissen Leipzig
Zehntes Hauptstück.
422
Bedrückungeir der Türken,« Auch dieser merkwürdige Ar-
tikel hat seinen Grund im Continentalsystem; denn ent,
weder bekam Mustapha Frieden durch Napoleon, und
mußte dann aus Erkenntlichkeit hiefür dem französischen
Kaiser zu Willen seyn, oder theilten Napoleon und Ale-
xander sein Gebiet, und hielten den kleinen Nest durch
ihr Uebergewicht im Schache. Von dem Allianziraktat
gehen wir auf einige gleichfalls geheime Artikel des Frie-
densschlusses über. „Die Nüssen überliefern Cattaro fran-
zösischen Soldaten; Napoleon wird unbedingt Herrscher
und Souverain der jonischen 7 Inseln, Joseph auch als
König von Sicilicn anerkannt, und Ferdinand Iv. mit
den Balearen entschädigt, oder mit der Insel Candía«
(falls man die Türkei zerrisse). Daß die Punkte hinsicht-
lich Cattaros, der 7 Inseln und Sicilicns auf das Con-
tinentalsystem berechnet sind, springt in die Augen. Oef-
fentlich gab Alexander seine Zustimmung zu allem, was
Napoleon in Italien, Holland, Deutschland entweder ge-
than hatte, oder eben damals that; hiegcgen erklärte Na-
poleon, „daß er gewisse eroberte Landschaften, Städte und
Gebiete dem prcussischen König lediglich aus Rücksicht
auf den Selbstherrscher aller Neussen zurückerstatte." Ge-
wiß konnte gegen Friedrich Wilhelm die Härte von Sei-
ten des Siegers, die Kälte von Seiten des Bundesgenos-
sen nicht weiter getrieben werden. Unter solchen Umstän-
den war von einer Wiederherstellung Polens, wie polni-
sche Patrioten sie geträumt hatten, keineswegs die Rede,
vielmehr überließ Napoleon 100 Quadratmcilen von preus-
sisch Polen, nämlich das Gouvernement Bialystock mit
etwa 200,000 Seelen, an Rußland, während Alexander
nur auf die ostfriesische Herrschaft Jever zu Gunsten Lud-
wigs von Holland verzichtete; denn jener räthsclhafte Glücks-
stern, welcher den Moskowitern leuchtet, weiß sogar Nie-
derlagen wie die bei Friedland zur Vergrößerung des
Reiches auszubeuten: der stolze, eherne Kvrsikaner hatte
es diesmal auf die Freundschaft seines Gegners abgese-
hen, er verfolgte diesen Zweck mit Macchiavellis Conse-
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Extrahierte Personennamen: Mustapha Napoleon Napoleon Cattaro Napoleon Joseph Ferdinand_Iv Ferdinand Alexander Alexander Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon Alexander Alexander
Extrahierte Ortsnamen: Italien Holland Deutschland Polens Polen Holland Friedland
1
Kaiser Napoleon u. die französische Universalmonarchie. 595
sprengte ihre Reihen, vor den Augen der Kaiser Franz
und Alexander. Jetzt eilte Soult dem mit Anstrengung
kämpfenden Davoust zu Hülfe, und zwängte Buxhöwden
und Kienmayer zwischen die Seen von Menitz und von
Satzschau: Napoleon, mit 20 Kanonen angelangt, schmet-
terte den alten, morschen Damm und das Eis zusammen,
und reihenweise sanken die Feinde in den Gewässern un-
ter. Der Sieg war vollständig: 10,000 Russen und Oest-
reicher kamen um, 19,000 Russen und 1000 Oestreicher
geriethen in Gefangenschaft, 10,000 Verwundete oder Zer-
sprengte wurden ausser Kampf gesetzt, 40 Fahnen, 86
Kanonen und 400 Geschützwagen sammt Gepäck fielen dem
Sieger zu. Den 3. Morgens erschien Fürst Lichtenstein,
um eine Zusammenkunft des Kaisers Franz mit Napoleon
einzuleiten: sie hatte am 4. Statt zu Staroschütz, in
Napoleons Quartier. „Ich empfange Sie,,, sagte Die-
ser, „in dem einzigen Pallast, welchen ich seit 2 Mona-
ten bewohne.-, „Sie machen," crwiederte Franz, ,/einen
so vortheilhaften Gebrauch von demselben, daß er Ihnen
nur gefallen kann." Das Ergebniß war für Oestreich ein Waf-
fenstillstand, der allen Rüstungen, zumal in Ungarn, ein Ende
machte, und einen großen Theil der Monarchie in franzö-
sischer Gewalt ließ, für Kaiser Alexander, welchem da-
mals General Essen neue Truppen zuführte, ungestörte
Heimkehr auf einer vorgeschriebnen, beaufsichtigten Marsch-
route. Jetzt wurde Graf Haugwitz vorgcrufen, und zwar
den 15. Dez., eben an dem Tage, wo Preussen hatte
losschlagen wollen: der Minister sollte wählen zwischen
Bündniß mit Frankreich oder Krieg: so sehr er auch we-
gen Mangels an Vollmacht sich entschuldigte, er mußte
ohne Bedenkzeit unterschreiben, daß Preussen Fürsten,
thum Neuchâtel und Herzogthum Berg zu beliebiger
Verleihung an Frankreich, das Ansbachische an Bayern
abtreten, und hiefür von Bayern einen Bezirk mit 20,000
Einwohnern zur Abrundung des Fürstenthums Bayreuth,
von Frankreich ganz Hannover bekommen werde. Ein
Keil wurde auf den andern gesetzt: der Abzug des rus-
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Franz Franz Alexander Alexander Menitz Napoleon Franz Franz Napoleon Napoleons Franz Franz Alexander Alexander Haugwitz
Extrahierte Ortsnamen: Napoleons Ungarn Frankreich Preussen Frankreich Fürstenthums_Bayreuth Frankreich
I
69
darüber freuen konnte, nun auch den Türken zum
Trotze gerade das nicht zu thun, was sie haben
wollten. Er blieb sich konsequent, allein er ver,
gaß, daß Trotz in der Ohnmacht nicht mehr
groß, sondern verächtlich macht.
Und mehr als jemals wäre seine Gegenwart
ln Schweden gerade in diesem Jahre (1712) nö-
rhtg und nützlich gewesen. Dänemark, Rußland,
Sächsin und Preußen nahmen alle schwedischen
Besitzungen in Deutschland weg, bis auf das uu-
bezwingltche Stralsund, und ob gleich der Graf
Stenbock die Dänen am 20. Der. bey Ga-
debusch schlug, und am 9. Jan. 1713 aus Rach-
sucht die Stadt Altona in Asche legte *), so
mußte er sich doch zuletzt in der Festung Tön-
ning e n, in welcher die Alliirten ihn aushunger,
ten, mit seiner ganzen Mannschaft ergeben.
Daß Karl noch immer nicht ging, kam wohl
daher, weil er noch immer auf günstige Verände-
rungen im türkischen Ministerium hoffte, und, da
man sich dort so äußerst schwankend betrug, auch
wirklich der Erfüllung seiner Hoffnungen mehr-
mals sehr nahe war. Fünf Veziere hatte Po-
niatowsky durch seine Jntriguen schon gestürzt;
der Großherr hatte nicht die mindeste Kenntniß
von der Lage der Sachen im übrigen Europa;
es kam also immer darauf an, wie man ihm die
*) Wieder ans Rache: dafür ließ Peter die damals schtye,
bischen Städte Gar» und Wolgast verbrennen»
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T2: [Schweden Friedrich Heer Schlacht Sachsen König Gustav Kaiser Krieg Schlesien]]
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Extrahierte Personennamen: Jan Karl Karl Peter
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Stralsund Altona Europa Wolgast